Nippeser Edelweisspiraten

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1936 wurde die „Bündische Jugend“ verboten, weil viele dieser Gruppen in starkem Widerspruch zu HJ (Hitlerjugend) und BDM (deren weiblicher Zweig Bund Deutscher Mädel) standen, obwohl innerhalb der Bündischen Jugend auch sehr nationalistische Strömungen vorhanden waren.

Nach Beginn des 2. Weltkrieges, wurden im März 1940 mit einer „Polizeiverordnung zum Schutze der Jugend" die Freizeitaktivitäten der Jugend weiter reglementiert und eingeschränkt, was zu einer zunehmenden Protesthaltung in der Jugend führte. So durften sich Jugendliche unter 18 Jahren während der Dunkelheit nicht auf Straßen, Plätzen und anderen öffentlichen Orten aufhalten. Der Zutritt zu Kinos und Lokalen war nach 21 Uhr nur noch in Begleitung von Erziehungsberechtigten gestattet, für Jugendliche unter 16 Jahren bestand ein Gaststättenverbot auch vor 21 Uhr.

In Nippes trafen sich ab dem Sommer 1942 immer häufiger Jugendliche am Leipziger Platz und in Gaststätten der unmittelbaren Umgebung. Viele gehörten zwar den offiziellen Organisationen an (HJ, BDM), wollten aber ihre Freizeit unabhängig gestalten: Musik, Unterhaltung, freie Wanderungen an den Wochenenden. Das spiegelte sich auch in der Kleidung wider, man trug kurze Hose, Pluderhose, Schottenhemd oder Skijacke anstelle der Uniformen. Die Gruppen, die schon unter dem Namen „Edelweißpiraten“ in mehreren Bezirken Kölns auftraten, knüpften an die „Bündische Jugend“ an.

In Abwendung vom ungeliebten HJ-Dienst wurden an den Abenden Lieder der Bündischen Jugend zur Gitarre gesungen, oft auch mit verändertem Text, der sich gegen HJ und Staat richtete. Heimlich trugen sie unter dem Kragen Edelweißabzeichen.

Aus der Gruppe am Leipziger Platz gründete sich dann im Oktober 1942 der "Club der Edelweißpiraten" in einer Wirtschaft im Sechzigviertel.

Nach der Einschleusung eines Informanten der SA folgten erste Verhaftungen, im Dezember 1942 gelang der Gestapo die Verhaftung einiger Mitglieder dieser eher lose organisierten Jugendclique. Bei zwei Beschuldigten wurden bei Wohnungsdurchsuchungen Edelweiß- und Totenkopfabzeichen gefunden. Die Ermittlungen gegen die Jugendlichen fanden überwiegend nicht in Köln, sondern im Lager Brauweiler statt, wo alle Verdächtigen inhaftiert wurden. Es erfolgten Verurteilungen mit Strafen bis zu 4 Jahren und 3 Monaten.

In der allgemeinen Urteilsbegründung heißt es: [1]

„Bei Bemessung der Strafen, die die schuldigen Angeklagten treffen mußten, war zunächst als besonders erschwerend zu berücksichtigen, daß die Angeklagten ihre Straftaten, die geeignet waren, Unruhe in größere Kreise der Bevölkerung zu tragen, um die Wende vom dritten zum vierten Kriegsjahr beginnen. Die Strafen müssen deshalb schon ganz besonders hart sein. Die Angeklagten waren alle in der Lage, das Schändliche ihres Tuns zu erkennen. Das gerade darin liegt, daß sie im Rücken der kämpfenden Front ihr Unwesen trieben. Es konnte nicht ermittelt werden, daß die Angeklagten von unbekannten Tätern in ihrem Treiben gelenkt oder unterstützt worden sind, was zu einer erheblich milderen Beurteilung ihres Tuns hätte führen können. Die Angeklagten berufen sich darauf selbst nicht. Sie haben nach ihren Angaben aus völlig freier eigener Entschließung gehandelt. Sie müssen daher auch die Folgen ihrer Tat selber tragen.“

Es ist an diesem Urteil bemerkenswert, daß das eigenständige Handeln dieser Gruppe schwerer gewichtet wird, als wenn Kontakt und damit Beeinflussung durch andere Personen oder Gruppen bestanden hätte.


Anmerkungen

  1. Aus: Siegfried Pfankuche-Klemenz - Nippeser Edelweißpiraten in „...De Fahn eruss! – Köln-Nippes im Nationalsozialismus“, Köln, 1997